Home Sibylla Schwarz Anne Finch Christina Rossetti William Shakespeare Others Links About
Emily Dickinson
Emily Dickinson Because I could not stop for Death I'm Nobody My life closed twice before its close They shut me up in prose I felt a funeral, in my brain Wild Nights My life had stood – a loaded gun 'Hope' is the thing with feathers After great pain

Gedichte von Emily Dickinson (1830-1886)

ins Deutsche übersetzt
An orange

Weil ich nicht anhielt für den Tod

Because I could not stop for Death

Weil ich nicht anhielt für den Tod –
Da hielt er nett nicht weit –
Im Wagen waren nur wir zwei
Und die Unsterblichkeit.

Wir fuhren los – es eilte nichts –
Beizeiten legte ich
Last ab und Hände in den Schoß,
Er war so fürsoglich –

Am Schulhof zogen wir vorbei
Ein Ringen – Ringelreihn –
Die reifen Ähren rund – vorbei
Am Sonnenuntergang –

Nein, dieser zog an uns vorbei –
Tau zitterkalt fiel still –
Aus Spinngewebe war mein Kleid
Mein Cape – war nur aus Tüll –

Wie hielten dann vor einem Haus
Mehr wie ein Hügel rund –
Das Dach war gerade noch zu sehen –
Der Sims – im Untergrund –

Das ist Jahrhunderte schon her –
Gefühlt – ein Tag erst seit
Mir erstmals schien die Pferde drehn
Den Kopf zur Ewigkeit –

Ich bin ein Niemand

I'm Nobody

Ich bin ein Niemand. Wer bist du?
Ein Niemand – bist auch du?
Es gibt ein paar von uns! Sag nichts!
Sie schreiben's aus – du weißt!

Wie elend – ein Jemand – zu sein!
Wie stumpf – der Welt zu quaken –
Frosch – ich heiß Frosch – den Juni durch –
Bewundert bloß im Sumpf!

Zweimal war vor dem Ende selbst

My life closed twice before its close

Zweimal war vor dem Ende selbst
Beendet schon mein Leben
Unsterblichkeit enthüllt ob mir
Ein drittes Mal gegeben.

So unbegreiflich, hoffnungslos,
Zweimal war Abschied, Angst,
Mehr ist vom Himmel nicht bekannt
Und von der Hölle langt's.


Sie knebeln mich mit Prosa jetzt

They shut me up in prose

Sie knebeln mich mit Prosa jetzt
Wie damals, noch als Kind,
Da sperrten sie mich in den Schrank –
Dann war ich so schön "still" –

Still! Hättet ihrselbst geblickt –
Mein Hirn gesehen – wie's dreht –
Habt schlau den Vogel für Verrat
Mit Zäunen – eingehegt –

Sichselbst muss wollen nur
Und lässig wie ein Stern
Herabschauen auf Gefangenschaft –
Gelacht – nicht mehr hab ich –

Ein Trauerzug, in meinem Hirn

I felt a Funeral, in my Brain

Ein Trauerzug, in meinem Hirn,
Gefühlt zog hin und her
Und zog – und zog – bis es so schien
Als käme Sinn hervor –

Und als dann alle saßen,
Begann ein Gottesdienst
Wie Pauken – Schlag um Schlag – bis mir
Mein Sinn betäubt erschien –

Ich hörte wie sie Schweres hoben
Auf meiner Seele dann
Ein Knarzen bleibeschwerter Schuh,
Und Raum – fing's Läuten an,

Als alle Himmel Glocken war'n
Und Sein, allein ein Ohr,
Blieb ich, und Stille, seltsam Paar,
So einsam wie zuvor –

Ein Brett im Kopf brach daraufhin,
Und ich fiel tief und tiefer –
Traf eine Welt mit jedem Sprung,
Erkannte endlich – dann –

Heut Nacht

Wild Nights

Heut' Nacht – Heut' Nacht!
Wär' ich bei dir
Heut Nacht wär' wild
Der Luxus hier!

Nutzlos – der Wind –
Herz vor Anker schon –
Fertig mit Kompass,
Karte, auf, davon –

Rudern in Eden –
Ach – das Meer!
Könnt' ich liegen – heut Nacht –
In Dir!

Mein Leben – Flinte, schussbereit –

My life had stood – a loaded gun

Mein Leben – Flinte, schussbereit –
Stand in der Ecke – bis
Der Eigner kam – er kannte mich –
Und mit hinaus – mich riss –

Und jetzt im Hoheitswald gestreift –
Und jetzt ein Reh gejagt –
Und jedes Mal, red ich für Ihn –
Ruft gleich ein Berg zurück –

Und lächle ich, so herzlich Licht
Scheint überm Tal zu glühn –
Als wäre von Vesuv-Gesicht
Vergnügen hier zu sehn –

Und wenn ich nachts – Tagwerk getan –
Bewache meinen Herrn –
Mehr noch als Federkissen ist –
Geteilt zu haben – schön

Für seinen Feind bin Todfeind ich –
Der rührt sich niemals mehr –
Auf den mein gelbes Auge fällt –
Bestimmter Daumenspann –

Und leb’ ich länger mal – als Er –
Muss länger Er – als ich –
Denn Macht zu töten hab’ ich nur,
Die Macht zu sterben – nicht.


'Hoffnung' das Ding mit Federn ist –

'Hope' is the thing with feathers -

'Hoffnung' das Ding mit Federn ist –
Das in der Seele steht –
Und wortlos Melodien singt –
Und niemals aufhört – je –

Und – wenn es stürmt – am schönsten tönt –
Und schmerzhaft ist der Sturm –
Der je das Vögelchen gestört –
Das hielt so viele warm –

In kühlstem Land hab ich’s gehört
In fremder See und hier –
Doch – niemals – nicht in höchster Not –
Bat Krumen es – von mir.

Nach großem Schmerz

After great pain, a formal feeling comes –

Nach großem Schmerz kommt förmliches Gefühl –
Die Nerven stehn wie feierlich am Grab –
Das steife Herz fragt, 'ist Er's, der ertragen,'
Und 'Gestern, oder schon vor hundert Jahren'?

Mechanisch gehn die Füße auf und ab –
Der Weg aus Holz,
Aus Grund, Luft, oder Soll –
Wuchs achtlos ein,
Quarzzufrieden, wie ein Stein –

Das ist die Zeit aus Blei –
Erinnert, so denn überlebt,
Wie Frierende den Schnee erfassen –
Erst – Kälte – Starre dann – wird losgelassen –