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Anne Finch
Anne Finch Ein Brief an Daphnis Die Einleitung An den Tod

Poems by Anne Finch, Countess of Winchilsea (1661-1720)

Translated into German
An orange

1. Ein Brief an Daphnis

A Letter to Daphnis

An Krone, Segen meines Lebens, dies,
Du viel Geliebter Deiner Gattin; lies,
Wie Du mit steter Leidenschaft die Kunst
Gefunden, meine widerspenst’ge Gunst
Zu binden, zeigst du doch der Welt wie sehr
Sie irrt: ein Ehemann ist Liebender.
Doch mit verzinster Leidenschaft, auch ich,
Daphnis, ich liebe, denke nur an Dich,
Daphnis, Du bist Hoffnung, Glück für mich.
So unternehme ich für mein Versprechen
Was ich in Frauen tadle als Verbrechen,
Doch ist’s nicht Eitelkeit: die Liebe süßt,
Du weißt, wer dieses schreibt, ich weiß, wer’s liest.
Miss Leidenschaft hier nicht an sprödem Stil:
Schlecht schreibt, wer liebt, doch fehlt’s nicht an Gefühl.
Kritik könnt ich sogar vergnügt ertragen,
Wärst du zurück, sie mir nur selbst zu sagen.

2. Die Einleitung

The Introduction

Hätt‘ meine Zeilen ich publik gemacht,
Was hätt’ die Welt getadelt und gelacht!
Der eine meint, sein Wort geziert gewählt,
Sie wären geistlos, leer, und falsch gezählt.
Ein andrer, ungebildet, nennt sich dann
Gleich geistreich, weil er Fehler finden kann.
Der wahre Kenner sieht den Grund genau,
Die Zeilen stammen, heißt’s, von einer Frau.
Denn ach! Ein Weib, das eine Feder trimmt,
Ist eine, die sich Männerrechte nimmt,
Sie ist so maßlos eine Kreatur,
Ihr Fehler spottet jeder Tugend nur.
Man sagt uns, ihr verfehlt Geschlecht und Ziel:
Benehmen, Mode, Zierde, Tanz und Spiel,
Sind Frauenfähigkeiten: so betört,
Doch Schreiben, Denken, Lesen, Fragen, stört;
Das schadet nur der Schönheit, mindert gar
Für die Eroberung die besten Jahr!
Servile Haushaltsführung, darin steckt
Die höchste Kunst der Frau, und auch ihr Zweck.
So war‘s nicht immer, noch erzählt
Fabel von Frauen, die einst auserwählt. Denen von Himmels segensreicher Hand
Dichtkunst gegeben, Sinn, sogar Verstand.
Der frohe Tag, als Gottes Unterpfand
Die Lade, vielbeweint, verehrt im Land,
Zurückkehrt, alles jubelt, jeder lacht,
Leviten tragen die geweihte Fracht,
Mit klingend Instrument wird sie geehrt,
Da treten heil’ge Jungfraun zum Konzert,
Verfeinern sacht den ungestümen Klang,
Vollenden mit Gefühl den Lobgesang.
Sieh! Den jungen Dichter, Gottes Gunst
Ihn inspiriert, ihn lehrte Musen Kunst,
Siegreich zurück, empfängt ihn Lobgesang,
Ihn, der zehntausend Philister bezwang,
Bejubeln diese lauten, bunten Mengen,
Verkünder seiner frühen Siege drängen
Laut durch die Straßen, Saul klingt es wie Hohn:
Ihr starker Hall erschüttert seinen Thron.
Wer sieht nicht drohend Urteil wohl darin?
Das halbe Reich indes ist längst dahin:
Die schöne Hälfte hat das Urteil schon gefällt,
Und König David mit dem Herz gewählt.
Die Frau war’s, welche Israel beriet,
Sie kämpft, gewinnt, Triumph folgt ihrem Lied,
Das majestätisch Devotion beweist,
Und, über ihre Waffen, ihren Geist.
Sie zieht zurück sich an den Palmenstrand,
Doch ihr Gesetz regiert befreites Land.
Wie sind wir tief gefall'n! Doch hält uns nur
Erziehung so zum Narren, nicht Natur,
Gehindert, uns auch nur den Geist zu stärken,
Soll'n wir den eignen Stumpfsinn gar nicht merken.
Wenn eine frei sich über Andre hebt,
Mit warmer Phantasie und Ehrgeiz strebt,
Wird sofort starke Gegenwehr sie finden,
Und Angst bald ihre Hoffnung überwinden.
Gewarnt sei, Muse, such nicht den Applaus,
Du würdest doch verschmäht, bleib hier zu Haus.
Du kennst die Fehler, zieh die Flügel ein,
Sing du den Freunden, und Dein Leid bewein,
Für Lorbeerkränze warst du nie bestimmt,
Zufrieden sei, wenn Licht im Schatten glimmt.

3. An den Tod

O King of Terrors

O Schreckenskönig, dessen still Begehren
All das, was lebt, muss doch zuletzt erhören;
Denn König, Priester, und Prophet sind Dein,
Gott (Fleisch geworden) ließ sich auf Dich ein.
Du wirst Dir längst schon meinen Namen merken,
Dein düster Reich im Staub muss ich verstärken,
Nun, meine Seele sorgt sich nicht vermehrt
Und zittert doch vor Folter, Streckbank, Schwert,
Vor glühend Fieber, das den Wahnsinn bringt,
Uns tobend, unvermittelt von hier zwingt,
Vor deinem kontagiösen Pfeil, der sacht
Den weinend Freund trifft, der beim Toten wacht.
Erspar mir die, das wann ist mir dann gleich,
Denn Du musst töten, ich ins Totenreich.
So leg dein tödlich Zepter sanft an mich,
Nimm in den kalten Arm mich unmerklich.